28.08.1985
“ I read: I’m transforming continuously. Each moment I’m another. I’m here, the same way a cloud is here. A cloud is a member of the sky?”
page 20 from Jean Odermatt’s Diary “San Gottardo – An obsession”
Auszüge aus dem Nuvolarium
DIE LAUER
Der Fotografie wohnt eine eigene Erfindungskraft inne, eine besondere Form der Beobachtung: die Bewegung des Sehens verdichtet sich in der Bewegung des einzelnen Bildes durch die Apparatur der Fotografie. Die Bewegungen der Augen rufen das Bewusstsein zur Erinnerung, zur Teilhabe am Gesehenen. Ein eigenes Gedankensystem vis-à-vis der Welt entsteht, balancierend zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem. Variationen des Eindringens in den Raum: Subjektives, wie die Bewegung der Augen, wird objektiv und Objektives, das fotografische Bild, wird — auf einer anderen Ebene — subjektiv, wird zur inneren Projektion: das abermalige Auge (des Betrachters der Fotografie) sammelt und dirigiert die Bilder und erweckt sie zum Leben.
Die Bewegung der Fotografie engt die Bewegung des Auges ein, führt sie aber auch in die Tiefe des Raumes, und so weit über jene Felder hinaus, die das Auge üblicherweise noch aufnehmen kann. Dieser programmatische Zugriff vis-à-vis der Welt wird mithin zu einer Sprache, erreicht eine eigene, unverwechselbare Bildstruktur, ein eigenes Gedankensystem.
Die Fotografie ist ein Bild von Begriffen. Sie saugt alles auf, jedes Geschehen wird zu einer wiederholbaren Bewegung, führt hinein in eine Art ewiges Gedächtnis. Im Dialog mit dem Sucher, dem Input für das Subjekt zur Objektivität der Welt, wird die Welt synthetisiert.
“ Nur um dem Wind zu lauschen, lohnt es sich, auf die Welt zu kommen.”
(aus dem Film PESSOA 1996) von Heinz Bütler und Jean Odermatt mit Udo Samel)
Details und das Bilderinventar finden sich unter BIO/Project Details.